Tragende Wand oder nicht? So erkennst du es.

„Das letzte Geräusch, das kam, war ein lauter Knall…“ Ist die Wand tragend oder darf sie weg? Wann besteht Einsturzgefahr? Und wann lohnt sich der Gang zum Statiker?

Dipl.-Ing. Architekt Thorsten Kaufhold gibt Hinweise, wie man selbst eine erste Prüfung durchführen kann, welche Wände gefahrlos entfernt werden können.

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Karin Kaufhold:

Thorsten, ich habe mal wieder eine Frage an dich:

Ich habe einen Kunden, einen Vermieter, der möchte seinen Grundriss von seiner Wohnung optimieren, aber dafür müssen ein paar Wände raus. Was muss man da beachten?

Tragend oder nicht tragend?

Thorsten Kaufhold:

Sind sie tragend, sind sie nicht tragend? Das ist auch eine Frage, die ich häufig kriege. Kann ich die Wände rausnehmen, kann ich sie nicht rausnehmen?

Unter welchen Voraussetzungen kann ich sie rausnehmen? Grundsätzlich kann man das nicht an der Dicke der Wand abmachen. Also das heißt nicht, wenn da eine schmale, sprich eine 11,5er Wand ist, dass die raus kann, dass die nicht trägt.

Im Gegenteil: Die haben auch in den 60er-Jahren noch aus statischer Sicht heraus, haben die ganz oft die Decken kreuzweise abgespannt. Das heißt, die Last der Decken läuft in jede Wand, die da drunter liegt, weil sie dadurch einfach weniger Stahl in der Decke gebraucht haben. Die haben einfach Geld damit gespart.

Das ist das, was heute wieder anfängt, aber war damals auch schon Up-to-Date, dass man gesagt hat, nee, ich will günstig bauen. Ich laste da auf alle Wände ab. Das war eine Zeit lang anders, da konnte man wirklich sagen, 80er-Jahre, 90er-Jahre, wenn das eine dicke Wand ist, die trägt, wenn es eine dünne Wand ist, trägt die nicht.

Also da muss man vorher gucken. Am besten ist ein Fachmann, Architekt, Statiker. Man kann selber auch gucken.

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Ein Stück freistemmen gibt entscheidenden Hinweis

Es gibt einen Tipp, also wenn mich Leute fragen, sage ich das auch immer, wenn ihr die Möglichkeit habt, dann bitte die Wand am oberen Ende ein kleines Stück freistemmen, den Putz abstemmen, gucken:

Ist die Wand direkt unter der Stahlbetondecke, ist sie tragend, ist dort eine Fuge, ist sie nicht tragend.

Weil das heißt nämlich, wenn dort eine Fuge ist, dann haben sie nachher die Wand gemauert und haben die dann unterfugt. Ist die Wand direkt mit der Stahlbetondecke verbunden, haben sie darauf betoniert.

Das heißt, die ist tragend. Das ist eine ganz einfache Methode, wie man feststellen kann, ist sie tragend oder ist sie nicht tragend.

Wenn sie nicht tragend ist, kann das Ding komplett raus. Kein Problem. Wenn sie tragend ist, dann muss da halt in irgendeiner Form ein Unterzug drunter. Meistens ist das ein Stahlträger.

Heute ist es oft so, dass es ausreichend ist, wenn man das in den vorhandenen angrenzenden Wänden ablastet. Sollte das nicht ausreichend sein, dann kommen da kleine Stahlträger davor, auf die dann der obere Stahlträger wie so ein Rahmen abgelastet wird.

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Ist eine Tür in einer tragenden Wand ok?

Karin Kaufhold:

Okay, wie ist das, wenn ich nicht eine ganze Wand rausreißen will, sondern zum Beispiel in eine tragende Wand eine Tür rein machen möchte?

Thorsten Kaufhold:

Das ist gar kein Problem. Weil das ist ja bei den Wänden auch immer so, wenn eine Tür ungefähr einen Meter breit ist, dann kann da oben, dann mache ich das Loch da rein, stütze das ein bisschen ab und dann kommt da halt ein Dia-Sturz rein. Ein vorgefertigter Sturz, den man so kaufen kann.

Das würde ich auch immer von der Fachfirma machen lassen, weil die halt wissen, wie das geht. Wenn ich das selber mache, ist das nicht ungefährlich.

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Was passiert im schlimmsten Fall, wenn ich eine tragende Wand entferne?

Karin Kaufhold:

Was passiert im schlimmsten Fall, wenn ich jetzt eine tragende Wand entferne?

Thorsten Kaufhold:

Im schlimmsten Fall stürzt das Haus an. Das ist der Worst Case. Das ist das, was ich vor 40 Jahren gehabt habe.

40, 45 Jahren, schon ur-lange her. Bei einem Freund von mir hat der Kollege ein Haus gekauft, ein altes Fachwerkhaus. Da ging es nicht um eine Wand, da ging es um ein Stück Holz.

Ich sage immer, mein normaler Menschenverstand hilft mir ja auch ganz viel. Dann hat er mich gefragt, du studierst Architektur, der hat ein Fachwerkhaus gekauft und da ist ein Balken drin im Haus, ein Eichenbalken, 50 Zentimeter breit, 70 Zentimeter hoch. Können wir den rausnehmen, ja oder nein?

Da habe ich gesagt, also auch vor 600 Jahren hat Eiche schon viel Geld gekostet, gerade in den Abmessungen, das war nicht billig. Ich würde es nicht machen. Dann bin ich hingefahren, habe mir das angeguckt und bei Fachwerkhäusern kann man immer sehr schön sehen, wo die Lasten abgeleitet werden, wo was hingeht und da konnte man nichts verfolgen.

Wofür war dieses Ding da drin? Meine einzige Einnahme war halt, der ist dick, der war teuer. Das Ding hat richtig viel Geld gekostet.

Also kein Mensch macht irgendwas in so ein Haus rein, was er nicht braucht, gerade wenn es viel Geld kostet. Dann haben die gesagt, was hat der Junge für Ahnung, der ist ja nur Student. Dann hat er sogar eine Fachfirma da gehabt, eine Zimmerei und die haben den Balken rausgetrennt.

Dann hat er mir nachher erzählt, das letzte Geräusch, was kam, war ein lauter Knall. Dann kam der Schrei, alle raus. Er sagte, es war wie im Kinofilm.

Die Zimmerleute sprangen wie verrückt aus allen Fenstern. Man konnte nur die Leute sehen, aus dem Haus raus. Dann hat es da gelegen.

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Karin Kaufhold:

Ich glaube, da würde ich zu Sicherheit dann doch lieber einen Statiker fragen. Ist das ein Problem, wenn ich keine Statik habe von dem Haus? Also mit ist es wahrscheinlich einfacher.

Wie kann der Statiker helfen?

Thorsten Kaufhold:

Ja, mit ist es einfacher, vor allem kostengünstiger. Wenn ich keine Statik habe, dann muss der Statiker, wenn ganze Wände raus sollen und wenn sie tragend sind, dann muss der Statiker das vom Dach bis runter in den Boden berechnen und das kostet Geld. Also der muss quasi eine Statik für das Haus nochmal neu rechnen oder zumindest für den Teil.

Karin Kaufhold:

Mit was für Kosten muss ich denn rechnen, wenn ich jetzt eine tragende Wand entfernen will? Also irgendwie einen Statiker muss ich wahrscheinlich in irgendeiner Form bezahlen.

Thorsten Kaufhold:

Man braucht einen Statiker, ja.

Karin Kaufhold:

Und die Handwerker, müssen die irgendwelche speziellen Kenntnisse haben?

Thorsten Kaufhold:

Nein, dafür gibt es ein Bauunternehmen. Das ist ein Bauunternehmen, die können das, die machen das. Und ein Statiker kostet halt wohl ein bisschen.

Karin Kaufhold:

Also wenn ich dem eine Statik hinlege, kann der so reingucken wahrscheinlich?

Thorsten Kaufhold:

Ja, dann kriegen die das, ist das sehr überschaubar. Also wenn eine Statik da ist, dann können die reingucken, können sehr schnell sagen, das muss gemacht werden. Vielleicht rechnen sie noch ein bisschen, aber da bin ich also wirklich mit wenigen Euros dann dabei.

Karin Kaufhold:

Okay.

Thorsten Kaufhold:

Wenn nicht, dann muss halt gerechnet werden. Das ist immer ratsam, weil der Schaden, der entsteht, ist viel, viel größer.

Karin Kaufhold:

Ja, klar.

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Risse als Warnsignal

Thorsten Kaufhold:

Selbst wenn sich nur Risse im Gebäude bilden, das muss ja nicht einstürzen, das ist ja wirklich der schlechteste Fall. Also ich kenne das auch wirklich nur vor 45 Jahren, dieses Fachwerkhaus. Obwohl mir ist es auch selber mal passiert, dass eine Wand beim Umbau umgefallen ist.

Da waren dann auf einmal Risse in der Wand, da wollten wir das neu unterfangen. Und dann haben die Bauherren halt gespart, die haben kein richtiges Bauunternehmen genommen, sondern haben Leute genommen, die das so gemacht haben. Und dann habe ich denen gesagt, abschnittsweise, das heißt Stück für Stück für Stück, also Meter frei graben, ausbetonieren, den nächsten Meter frei graben, ausbetonieren oder halt wie so ein Kamm.

Und die haben das dann in einem Stück gemacht. Das war Gott sei Dank nicht ganz so schlimm, die Wand war, glaube ich, 2,30 Meter hoch und 5 Meter lang. Und dann hat die Bauherrin mich angerufen und hat gesagt, Thorsten, wir haben hier Risse in der Wand.

Die haben draußen freigeschachtet, wir haben jetzt Risse. Und ich habe krank im Bett gelegen, ich habe eine Grippe gehabt und dann habe ich gesagt, ja, ich gucke mir das morgen an. Und bevor ich am nächsten Tag da sein konnte, kam der Anruf, Thorsten, die Wand ist umgekippt.

Karin Kaufhold:

Oh nein. Ja, also wenn man Risse sieht, ist Eile geboren.

Thorsten Kaufhold:

Ja.

Karin Kaufhold:

Ja, okay. Ja, dann werde ich das mal so an meinen Kunden weitergeben. Ich danke dir.

Thorsten Kaufhold:

Gerne.

PS: Zum Weiterstörbern – Abreißen oder Sanieren (Die Antwort 2025)?

Über Thorsten Kaufhold

Als erfahrener Architekt und Experte für ganzheitliche Raumgestaltung, kombiniert Thorsten Kaufhold seit 1985, seine Kenntnisse in Architektur, Feng-Shui, Unternehmensentwicklung u.v.w. Er schuf bis heute in über 800 Projekten mit bis zu 35 Mio. € Bausumme individuelle und inspirierende Räume für seine Kunden.

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